Saarbrücker Zeitung und Pfälzischer Merkur vom 27. Januar 2009


In Kooperation mit den Musikfestspielen Saar hat sich das Pfalztheater Kaiserslautern dem mythischen Stoff des "König Kandaules" angenommen.

Vom Objekt der Begierde zur vernichtenden Kraft

Von Merkur-Mitarbeiterin Sandra Sinsch




Kaiserslautern. Die Musikgeschichte strafte oft diejenigen mit Vergessen, die eine Mittlerfunktion zwischen den Epochen einnahmen. Wie Alexander Zemlinsky, der sich im Spannungsfeld von spätromantischer Orchesterpracht eines Richard Strauss und dem in seine Bestandteile zerlegten Klangbild Anton Weberns bewegte. Mit seiner Oper "Der König Kandaules" erhoffte sich der von den Nazis verfemte Künstler Anerkennung im amerikanischen Exil. Doch die Uraufführung fand erst 54 Jahre nach seinem Tod in Hamburg statt.
Nun hat sich das Pfalztheater Kaiserslautern in Kooperation mit den Musikfestspielen Saar des mythischen Stoffes angenommen.
König Kandaules glaubt, dass Glück nur vollkommen ist, wenn man es teilt. Daher lädt er seinen Freund, den Fischer Gyges ein, seine Frau beim Auskleiden zu beobachten. Fischer und Königin Nyssia verbringen dank eines Ringes, der den Träger unsichtbar macht, die Nacht miteinander. Einen Ausweg aus dem Dilemma gibt es nur, wenn Gyges den König tötet und somit die Ehre der Frau wieder herstellt. Star des Abends ist die Musik, wobei dem Orchester die Hauptrolle zufällt. Uwe Sandner führt es mit packender Intensität durch einen Partiturdschungel voller Klangflächen, bitonaler Komplexe, filigraner Lyrik und harscher Polyphonie. Diesem Umstand trägt Henry Arnold Rechnung, indem er sich in seiner Inszenierung mit einem Zuviel an Ausdeutung zurückhält.
Die Handlung ist zeitlich kaum zuzuordnen. Tanzeinlagen und eine stark choreographische Personenregie unterstützen den Zustand schwebender Unwirklichkeit ebenso wie die ansprechenden Kostüme von Kathrin Hauer.
Douglas Nasrawi gefällt stimmlich in der Titelpartie, könnte aber zuweilen manischer agieren. Die Partie des Kraftmenschen Gyges scheint dem robusten, klangschönen Bariton von Thomas de Vries auf den Leib geschneidert zu sein. Trotz Erkältung packend zeigt Valérie Suty als Königin ihre Wandlung vom Objekt der Begierde zur schlussendlich vernichtenden Kraft.